Steigende Kosten: Wie soll die Pflege künftig finanziert werden?
Die Finanzierung der Pflege in Deutschland steht zunehmend unter Druck. Eine alternde Bevölkerung, steigende Personalkosten und knappe Haushaltsmittel verschärfen die Lage. Wie soll die Pflege zukünftig finanziert werden – gerade mit Blick auf die demografische Entwicklung? Eine neue Arbeitsgruppe von Bund und Ländern will erste Lösungen erarbeiten, doch bereits vor Veröffentlichung konkreter Ergebnisse regt sich Kritik.
Der demografische Wandel als Herausforderung
Statistisch gesehen wird die deutsche Gesellschaft immer älter. Laut Statistischem Bundesamt wird der Anteil der über 67-Jährigen bis 2035 deutlich zunehmen. Gleichzeitig sinkt die Zahl der erwerbstätigen Menschen, die das Pflegesystem durch ihre Beiträge finanzieren. Diese Entwicklung bringt das umlagefinanzierte System der Pflegeversicherung an seine Grenzen.
Wo liegen aktuell die Probleme in der Finanzierung?
Die Pflegeversicherung wurde 1995 eingeführt und versteht sich seit jeher als „Teilleistungsversicherung“. Sie übernimmt – anders als viele glauben – nur einen Teil der pflegebedingten Kosten. Die übrigen Kosten, etwa für Unterkunft, Verpflegung oder Investitionen in stationären Einrichtungen, müssen von den Pflegebedürftigen selbst getragen werden oder über die Sozialhilfe abgefangen werden.
- Steigende Eigenanteile in Pflegeheimen
- Hoher Verwaltungsaufwand belastet Pflegekräfte und Betroffene
- Trotz Beitragsanhebungen reicht das Geld kaum zur Deckung laufender Ausgaben
Die Arbeitsgruppe von Bund und Ländern
Eine von Bund und Ländern gemeinsam eingesetzte Arbeitsgruppe soll bis Frühjahr 2025 Optionen für eine faire und nachhaltige Finanzierung der Pflege entwickeln. Zu den diskutierten Ansätzen gehören:
- Eine Ausweitung des Steuerzuschusses zur Entlastung der Pflegeversicherung
- Erhöhung der Beitragssätze – auch für kinderlose Mitglieder
- Deckelung und Standardisierung der Eigenanteile
- Einführung einer Pflegevollversicherung nach Vorbild anderer europäischer Länder
Einige dieser Ideen, wie etwa die Einführung einer Pflegevollversicherung, stoßen besonders bei konservativen und wirtschaftsnahen Akteuren auf Ablehnung – sie fürchten eine deutliche Mehrbelastung für Beitragszahler und Arbeitgeber.
Quelle: tagesschau.de
Kritik am Verfahren und an der Umsetzung
Schon kurz nach Gründung der Arbeitsgruppe hagelt es Kritik – nicht nur am langsamen Vorgehen, sondern auch an der Zusammensetzung. Pflegeverbände und Sozialverbände bemängeln, dass Betroffene und ihre Interessenvertretungen nicht ausreichend eingebunden seien. Zudem fehle es an konkreter Zielvorgabe: Geht es um Systemerhalt oder um eine grundlegende Reform?
Der AOK-Bundesverband etwa fordert schon seit Langem eine grundlegende Strukturreform und mahnt insbesondere eine gerechtere Kostenverteilung zwischen gesetzlich und privat Versicherten an.
Internationale Vergleiche: Ist eine Pflegevollversicherung realistisch?
In den Niederlanden und in Schweden gibt es seit Jahren Modelle, in denen die Pflegeversicherung einen deutlich höheren Anteil der Kosten übernimmt – finanziert teils aus Steuern, teils aus verpflichtenden Beiträgen. Experten der Bertelsmann Stiftung sehen hierin ein langfristiges Modell, auch für Deutschland. Laut einer Analyse der Stiftung würde eine Pflegevollversicherung zwar kurzfristig zu höherem Finanzbedarf führen, langfristig aber Planungssicherheit für Pflegebedürftige und Angehörige schaffen.
Fazit: Notwendiger Wandel unter politischen Vorzeichen
Die Finanzierung der Pflege steht in Deutschland vor einer entscheidenden Weggabelung. Die jetzige Teilleistungsversicherung ist angesichts steigender Pflegekosten und wachsender Nachfrage überfordert. Ob die Arbeitsgruppe von Bund und Ländern den Spagat zwischen Finanzrealismus und sozialer Gerechtigkeit schafft, bleibt abzuwarten. Klar ist allerdings: Ohne Reformen wird sich die finanzielle Belastung weiter auf die Pflegebedürftigen und ihre Familien verlagern – das widerspricht dem Ziel eines solidarisch getragenen Systems.
Quelle: tagesschau.de
Zusammenfassung: Zentrale Stichpunkte
- Demografischer Wandel erhöht die Nachfrage nach Pflegeleistungen
- Pflegeversicherung deckt nur einen Teil der Kosten – Belastung für Pflegebedürftige steigt
- Bund-Länder-Arbeitsgruppe soll bis 2025 Lösungsvorschläge erarbeiten
- Kritik an Zusammensetzung und Zielen der Arbeitsgruppe
- Mögliche Lösungsansätze: Steuerzuschüsse, Pflegevollversicherung, Beitragsanpassung
- Internationale Modelle bieten Orientierung, erfordern aber langfristig neue Finanzierungsstrategien


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