Pflegekräfte sollen mehr Kompetenzen erhalten – ein Schritt zur Stärkung des Gesundheitswesens

Die Versorgungslage im deutschen Gesundheitssystem steht unter zunehmendem Druck. Spätestens seit der COVID-19-Pandemie ist offensichtlich geworden, wie stark die Belastung im Pflegebereich ist – und wie unentbehrlich Pflegekräfte im medizinischen Alltag geworden sind. Vor diesem Hintergrund plant die Bundesregierung eine relevante Reform im Bereich Pflegeberufe: Pflegekräfte sollen mehr Verantwortung und Kompetenzen erhalten. Die Maßnahme soll der Attraktivität des Berufsstandes zugutekommen und die Versorgungsqualität im Gesundheitswesen langfristig sichern.

Kompetenzerweiterung als politisches Ziel

Das Bundesgesundheitsministerium arbeitet derzeit an einem umfassenden Gesetzesentwurf, der erstmals klar regeln soll, welche heilkundlichen Tätigkeiten künftig eigenverantwortlich von Pflegefachpersonen übernommen werden dürfen. Damit könnte der Pflegeberuf eine Professionalisierung erfahren, die ihn unabhängiger und handlungsfähiger gegenüber bislang arztgebundenen Aufgaben macht.

Geplant ist unter anderem, dass Pflegekräfte in bestimmten Fällen selbst Medikamente verschreiben oder medizinische Maßnahmen anordnen dürfen – beispielsweise bei chronisch Kranken im Rahmen ihrer bekannten Erkrankung. Diese Regelung würde die ärztliche Versorgung unterstützen und Lücken, vor allem im ländlichen Raum oder bei Fachkräftemangel, abfedern.

Was sich konkret ändern soll

Die angedachte Reform enthält folgende zentrale Elemente:

  • Einführung des Berufsbildes „Community Health Nurse“ mit hochschulischer Qualifikation
  • Übertragung heilkundlicher Aufgaben in definierten Bereichen etwa bei Diabetes, Wundversorgung oder Medikation
  • Mehr Autonomie in der Patientenberatung und -versorgung
  • Ausbau interprofessioneller Zusammenarbeit mit Ärzten

Hintergründe: Warum diese Reform notwendig ist

Laut einer Analyse des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestages fehlen in Deutschland bereits heute zehntausende Pflegekräfte. Bis 2035 könnte diese Zahl auf bis zu 500.000 ansteigen, wenn keine strukturellen Gegenmaßnahmen ergriffen werden. Der demografische Wandel, veränderte Krankheitsbilder sowie regionale Unterschiede in der medizinischen Versorgung verschärfen das Problem zusätzlich.

Die bisherige Arbeitsteilung zwischen Ärzten und Pflegepersonal ist vielfach überholt. In vielen anderen europäischen Ländern – etwa in den Niederlanden, Großbritannien oder Skandinavien – übernehmen Pflegekräfte längst deutlich mehr Behandlungsverantwortung, was die Versorgungsqualität nicht mindert, sondern sogar verbessert hat.

Berufliche Aufwertung der Pflege: Mehr als nur Symbolik

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Reform ist die akademische Ausbildung von Pflegekräften. Durch eine erweiterte Qualifikation – etwa im Rahmen pflegewissenschaftlicher Studiengänge – wird die berufliche Rolle gestärkt, das Berufsbild attraktiver gemacht und ein Beitrag zur Professionalisierung geleistet.

Nach Einschätzung von Fachverbänden ist es entscheidend, dass diese Kompetenzerweiterung mit einer geregelten Finanzierung, klaren rechtlichen Rahmenbedingungen und einer gezielten öffentlichen Kommunikation einhergeht – nur so kann das Vertrauen in die neuen Verantwortlichkeiten wachsen, sowohl seitens der Patientinnen und Patienten als auch im Kollegenkreis.

Kritik und Chancen

Einige Medizinerinnen und Mediziner äußern Vorbehalte gegenüber der Reform. Sie fürchten eine Zersplitterung des Verantwortungsbereichs und eine mögliche Unklarheit über haftungsrechtliche Zuständigkeiten. Dem entgegnet jedoch das Bundesministerium, dass alle Aufgaben, die Pflegekräfte übernehmen, klar definiert sein und eine enge interprofessionelle Abstimmung beibehalten werden muss.

Langfristig sehen viele Expertinnen und Experten darin jedoch eine Chance. Eine harmonisierte Kompetenzverteilung könnte Arbeitsabläufe effizienter gestalten, Wartezeiten verringern und die Zufriedenheit von Patientinnen und Patienten wie auch von Fachpersonal erhöhen.

Fazit: Pflegeberuf vor einem strukturellen Wandel

Die geplante Erweiterung der Kompetenzen im Pflegebereich ist ein elementarer Schritt in Richtung eines zukunftsfähigen Gesundheitssystems. Sie erkennt an, dass Pflegefachpersonen durch Ausbildung, Erfahrung und Spezialisierung in der Lage sind, mehr Verantwortung zu übernehmen. Gleichzeitig wird der Beruf gestärkt und bietet besseren beruflichen Perspektiven. Entscheidend bleibt, dass alle Maßnahmen wissenschaftlich begleitet und rechtlich sauber implementiert werden.

Weitere Informationen und Details zur geplanten Gesetzesänderung finden Sie in der Berichterstattung der Tagesschau.

Kurzfassung: Die zentralen Punkte im Überblick

  • Pflegekräfte sollen künftig eigenverantwortlich bestimmte medizinische Leistungen erbringen dürfen.
  • Ziel: Entlastung des Gesundheitssystems, insbesondere in unterversorgten Regionen.
  • Einführung neuer Berufsprofile wie „Community Health Nurse“ mit hochschulischer Ausbildung.
  • Verbesserung der Ausbildungs- und Karrierechancen im Pflegebereich.
  • Notwendige rechtliche, organisatorische und finanzielle Rahmenbedingungen sind in Arbeit.
  • Erstmals wird Pflege als eigenständiger, stärker kompetenzgestützter Beruf im Gesundheitssystem anerkannt.

Quelle: tagesschau.de

0 Kommentare

Dein Kommentar

An Diskussion beteiligen?
Hinterlasse uns Deinen Kommentar!

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert