Arbeitsgruppe von Bund und Ländern berät über grundlegende Reform der Pflege
Die Versorgung pflegebedürftiger Menschen in Deutschland steht vor großen strukturellen Herausforderungen: Demografischer Wandel, Fachkräftemangel sowie steigende Kosten setzen das Pflegesystem zunehmend unter Druck. Vor diesem Hintergrund arbeitet eine übergreifende Arbeitsgruppe von Bund und Ländern aktuell an einer umfassenden strukturellen Reform der Pflegefinanzierung – mit dem Ziel, das System zukunftssicher, sozial gerecht und finanziell tragfähig aufzustellen.
Quelle: Tagesthemen vom 24. Juni 2024
Pflege als gesamtgesellschaftliche Aufgabe
Ein zentrales Ergebnis der bisherigen Beratungen lautet: Die Pflege darf nicht länger primär als finanzielle Belastung von Einzelnen betrachtet werden. Vielmehr wächst das Verständnis dafür, dass sie als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu gestalten ist. Dabei wird insbesondere eine Entlastung der Pflegebedürftigen und ihrer Angehörigen in den Fokus gestellt.
Die aktuellen Herausforderungen
- Steigende Pflegekosten bei gleichbleibendem oder sinkendem Einkommen im Rentenalter
- Fachkräftemangel und Überlastung in der stationären und ambulanten Pflege
- Zunehmende soziale Ungleichheit durch Eigenanteile bei stationärer Versorgung
- Unübersichtlichkeit der Finanzierungsstrukturen durch Parallelität von gesetzlicher und privater Pflegeversicherung
Geplante Eckpunkte der Reform
Wie das ARD-Magazin Tagesthemen berichtet, stehen mehrere Optionen zur Diskussion, darunter:
- Einführung eines beitragsfinanzierten Solidarsystems für alle Versicherten – unabhängig von privat oder gesetzlich
- Begrenzung des Eigenanteils für stationäre Pflege auf einen festen Betrag
- Stärkere Beteiligung des Bundes an den Pflegekosten
- Maßnahmen gegen den Fachkräftemangel: Ausbildungsoffensive, Erhöhung der Löhne, verbesserte Arbeitsbedingungen
Diese Reformansätze stehen teils noch unter Vorbehalt, da es sowohl juristische als auch finanzielle Spielräume zu klären gilt. Eine definitive Umsetzung soll schrittweise erfolgen – geplant ist ein erster Gesetzesentwurf für 2025.
Stimmen aus Politik und Praxis
Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) betont, dass „eine nachhaltige Reform nur gemeinsam mit den Ländern möglich ist“. Die Länder wiederum fordern eine dauerhafte finanzielle Beteiligung des Bundes, um die pflegerische Infrastruktur sicherzustellen – insbesondere im ländlichen Raum.
Pflegeverbände begrüßen die Reformabsicht, kritisieren jedoch die bislang unklare Zeitlinie und fehlende konkrete Maßnahmen für die gegenwärtige Belastung vieler Pflegekräfte und Angehöriger.
Vergleich mit anderen europäischen Systemen
Internationale Erfahrungen, etwa aus Schweden oder den Niederlanden, fließen nun verstärkt in die Reformdiskussion ein. Diese Länder setzen bereits auf steuerfinanzierte Modelle der Pflegeversicherung, bei denen das Risiko auf alle Bürger verteilt wird – unabhängig vom individuellen Beitrag.
Ein solcher Systemwechsel steht auch in Deutschland zur Debatte, wenngleich angesichts der verfassungsrechtlichen Hürden und des föderalen Aufbaus Zurückhaltung geboten ist.
Ausblick: Reform mit gesellschaftlicher Tragweite
Die anstehende Reform der Pflege ist kein rein administrativer oder rein technokratischer Prozess. Sie betrifft zentrale ethische, gesellschaftliche und finanzielle Fragen des menschlichen Zusammenlebens. Klar ist: Das bisherige System der Pflegefinanzierung erreicht zunehmend seine Grenzen und bedarf einer strukturellen Neuorientierung.
Der weitere Verlauf der Arbeitsgruppe dürfte maßgeblich darüber entscheiden, ob Deutschland den Weg hin zu einem solidarisch, fair und nachhaltig finanzierten Pflegesystem einschlagen kann.
Weitere Informationen: Tagesthemen-Beitrag vom 24.06.2024
Kurzfassung – Die zentralen Stichpunkte der Diskussion:
- Bund und Länder arbeiten an umfassender Reform der Pflegefinanzierung
- Pflege soll als gesamtgesellschaftliche Aufgabe verstanden werden
- Diskussion über Begrenzung des Eigenanteils bei stationärer Pflege
- Solidarisches Versicherungsmodell für gesetzlich und privat Versicherte im Gespräch
- Kritik der Pflegeverbände an unkonkreter Zeitplanung und fehlender Entlastung der Pflegekräfte
- Vergleich mit europäischen Ländern soll als Erfahrungswert dienen
- Gesetzesentwurf zur Pflegereform geplant für das Jahr 2025
Quelle: Tagesthemen
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